PEAVEY  CLASSIC  20

 

 

Der Classic 20 war der kleinste Vertreter der beliebten Classic Serie von Peavey. Er war es, weil
er leider nicht mehr gebaut wird. Der immer noch erhältliche Classic 30 war wohl einfach nicht weit genug weg und lief dem kleinen, spartanischer ausgerüsteten Bruder den Rang ab. So war für den kleine Brüller in der Produktlinie kein Platz mehr. Gebaut wurde der kleine Amp in den USA.

 

      

 

Das Outfit ist an die Fender Tweed Amps angelehnt. Bei den Peaveys handelt es sich aber nicht um echten Tweed Bezug, sondern um ein Kunststoffimitat. Das ist vielleicht nicht ganz so hübsch, aber auf Dauer wohl etwas widerstandsfähiger als echter Tweed.

Das eigentliche Verstärkerteil, das Chassis sozusagen, ist aus verchromten Stahlblech.
Bestückt ist der kleine Röhrenverstärker mit zwei ECC83 Vorstufenröhren und zwei EL84  Endröhren. Der Lautsprecher ist ein kleiner Zehnzöller, dementsprechend klein kommt der Verstärker auch daher. Er ist wirklich sehr klein, leicht und handlich.

 

 

Er hat keine 20 Watt, wie man vielleicht aufgrund des Namens vermuten könnte, er hat "nur" 15.
Innen gibt es moderne Platinenbaukunst zu bewundern. Ein Standby Schalter ist leider nicht vorhanden, er geht nur an oder aus. Für mich ist das ein Manko. Durch die Chickenhead Potiknöpfe kann man die Stellung der Regler ganz gut erkennen, die weiße Beschriftung auf dem Chrom ist dazu nicht allzu gut geeignet. Einen Hall oder einen Einschleifweg gibt es nicht.

Der Peavey Classic 20 hat ein Mastervolume. Das ist klasse, um in Wohnzimmerlautstärke Zerrsounds zu produzieren. An Zerrvermögen hat der kleine dazu eine Menge zu bieten und sehr satt verzerrte Klänge, die schon ins Heavy Lager passen, sind kein Problem. Mit dem Master eine Nachbarschonende Lautstärke einzustellen, ist auch unproblematisch und klingt auch passabel.

Richtig gut wird es aber erst, wenn man den Master außer acht lässt, ihn also voll aufdreht und alles über den Volumenregler macht. Dann kommt durch die geringe Wattstärke des Amps recht schnell die Endstufe ins Spiel und die Sättigung der beiden EL84 färbt den Klang. Cleane Sounds hat der kleine Verstärker parat und die klingen auch gar nicht schlecht, so die grobe Richtung Vox AC15, würde ich sagen. Aber seine eigentliche Bestimmung ist ganz eindeutig das Zerren.
Die cleanen Reserven sind schnell erschöpft und unverzerrte Sounds in einem Bandkontext zu produzieren, ist schlichtweg nicht möglich. Wenn es ans Zerren geht, gehen in Bezug auf den Klang aber schnell die Mundwinkel nach oben. 

Naja, zumindest ein Stück nach oben. Irgendwann merkt man dann aber doch, dass nur ein kleiner 10ner Speaker rumbrüllt. Und der hat einfach seine Grenzen im Klang und in der Lautstärke. Sicher ist der eingebaute Speaker außerdem auch nicht unbedingt einer aus der ersten Liga, aber das eigentliche Problem ist wohl eher die geringe Größe. Zuhause im Wohnzimmer kommt das gut, aber in allen anderen Situationen vermisst man schnell etwas mehr Raum sozusagen. Mit dem originalen Speaker wirkt der Verstärker, wenn es lauter wird, schnell etwas zugeschnürt. Mit meiner Humbucker-bestückten Gibson ES davor, kommt er in Richtung Volllast unten herum sogar ziemlich in Schwimmen, weil der Lautsprecher schlichtweg überfordert ist. Aber schon mit einem 12 Zoll Speaker ist das vorbei und der Amp atmet förmlich auf, dann passt plötzlich alles.

Die vorhandene zusätzliche Speaker Out Buchse ist deshalb also eine wirklich feine Sache.
Wenn etwas anderes angeschlossen ist, wird der interne Speaker stumm geschaltet (so ist das auch beim ebenfalls vorhandenen Kopfhörerausgang, den ich hiermit der Vollständigkeit halber erwähne und dann aber auch schnell wieder vergesse). Ich habe verschiedene Konstellationen angestöpselt, (16Ohm ist Pflicht) und jedes mal gab es klanglich einen deutlichen Schritt nach vorn. An einer 4x12 Box hat man z.B. außerdem auch in Bezug auf die Lautstärke ein ganz anderes Kaliber am Start und kann schon eher mit einem Drummer mithalten. So ein Plus an Membranfläche macht ganz schön was aus. 

Ich habe eine kleine offene 1x12 Box zum Peavey Classic 20 am Start und bin damit sehr zufrieden. Das klingt sehr dynamisch, raubeinig und rotzig. Der Amp reagiert gut auf das, was reinkommt. Der Klang geht, trotz seiner amerikanischen Abstammung, ganz eindeutig in die so genannte britische Richtung. Ein Schönfärber ist er eher nicht, obwohl er aufgrund des möglichen Zerrgrades schön tragende Sounds zulässt. Der kleine rockt! Wird der eingebaute Boost auf Knopfdruck dazugeschaltet, gibt es noch mehr Dampf, Schub und einen ordentlichen Mitten-Honk dazu. Das ist Geschmackssache, macht den Amp aber auf jeden Fall vielseitiger (und auch durchsetzungsfähiger). Die Klangregelung mit Treble, Middle und Bass verändert den rotzigen Grundcharakter nicht, lasst aber viel Anpassung an die jeweilige Gegebenheit zu.

 

           

 

Der kleinste Classic Peavey ist deutlich mehr als Wohnzimmer-Übungsamp, auch wenn er diese Aufgabe gut erfüllen kann. Er kann zuviel mehr, um ihn als solchen zu bezeichnen. Er ist absolut genial dafür geeignet, mit einem guten Mikro davor, richtig amtliche Zerrsounds auf ein Band oder auf eine Festplatte zu bannen, dank der früh einsetzenden Endstufensättigung. Insbesondere, wenn man sich eine kleine Box mit einem guten 12 Zoll Speaker dazu besorgt. 

Kleine Verstärkerkreationen, die speziell das können, sind momentan in Mode. Man denke z.B. an den EL34 von Reußenzehn, der allerdings ein anderes Konzept hat. Dort hat man die Möglichkeit, einfach so den Endröhrentyp zu tauschen. Außerdem ist der auch wesentlich teurer (obwohl er sich mit nur einer Endröhre zufrieden gibt). Die kleinen billigen Röhrenamps für schmales Geld a la Epiphone Valve Junior sind aber absolut kein Vergleich. Die pustet der Classic 20 schon mit dem ersten Ton gnadenlos vom Tisch, das ist einfach eine ganz andere Liga. 

Der Classic 20 ist schon ein ziemlich spezieller Kandidat. Er hat ein kleines Spielfeld sozusagen, aber dort bewegt er sich professionell. Wenn man im Studio oder auf kleineren Sessions ohne Marshalltürme richtig gute und amtliche Zerrsounds haben will, liegt man mit dem kleinen Würfel plus Zusatzbox gut im Rennen. Ein Klassiker ist er schon und irgendwie auch immer noch so was wie ein Geheimtipp. Das wird wohl auch so bleiben und eine Fangemeinde wird es immer geben.

 

Nachtrag Dezember 2010:

Da ich meinen Peavey sowieso immer nur mit einer alten Kitty Hawk 1x12 Box mit einem Celestion G12H Speaker betrieben habe, habe ich das Ampchassis kurzerhand einfach in diese Box eingebaut. Mein Classic 20 ist also jetzt ein 1x12 Combo. Die Box habe ich mit Blonde Tolex bezogen, den Bezugsstoff und den Kleber habe ich bei Tube Town gekauft. Der Kleine Amp sieht jetzt so aus:

 

              

 

Hören kann man den kleinen Blonden auch! Und zwar HIER.    

 

 

© Bilder und Text, Dieter Stenzel, 05.04.2007

 

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